Für eine weitere zeitliche Zuordnung von Mauerwerk kann außerdem Material aus der Grube, die beim Bau gegraben und um die Fundamente herum wieder aufgefüllt wurde, genutzt werden. Insbesondere Keramikbruchstücke helfen bei dieser Eingrenzung, da sicher hier häufigere Änderungen im Herstellungsprozess genauere Datierungen zulassen. Wird zum Beispiel Dornenrandkeramik gefunden, darf angenommen werden, dass der entsprechende Befund nicht aus dem 12. Jahrhundert stammt, sondern später zu datieren ist. Ist ein Keramikbruchstück innen glasiert, so kann man davon ausgehen, dass es ab dem 16. Jahrhundert datiert werden muss.
Kays Erklärung, wie bei der Zuordnung und Interpretation des Vorgefundenen vorgegangen wird, ist natürlich nur ein Ausschnitt aus einem viel umfassenderen Prozess. Doch führt mir dieses Beispiel vor Augen, wie unglaublich komplex und vielschichtig die Arbeit auf so einer archäologischen Ausgrabung ist und welche Wichtigkeit die genaue Dokumentation der Funde und Befunde hat.
Letzteres, insbesondere auch die exakte Lage der Objekte, führt Kay aus, ist gerade deshalb von größter Bedeutung, weil es im Zuge der archäologischen Grabungen durchaus dazu kommen kann (wenn es nicht sogar unvermeidlich ist), dass die zu erforschenden Dinge zerstört werden. So wurden, um beim Beispiel dieser Grabung zu bleiben, die Eichenholzkästen im Wall nicht nur “freigelegt”, sondern entfernt. Und von den über den Kästen abgetragenen Schichten “Geschichte” ist in diesem Beispiel dann noch nicht einmal die Rede. Dann wird, nach Beendigung der Grabungen, das Loch aufgefüllt und schließlich wird dieses Gelände wieder mit einer Straße überbaut werden. Die begrenzten Zeiten, die den Mitarbeitern der Bodendenkmalpflege zugestanden werden, bevor der Alltag in Form von Straßen, Neubauten etc. wieder Einzug hält, sind dabei natürlich eine zusätzliche Herausforderung für die Grabenden und Forschenden.
Funde
“Neben den Befunden, also den Teilen der Ausgrabung, die man nicht einfach so wegtragen kann”, beginnt Kay Suchowa und unterbricht sich sofort wieder. “Nicht unbedingt die wissenschaftliche Definition und noch dazu eine nicht ganz so klare Abgrenzung”, schmunzelt er, “denn der eine Mensch kann ganze Baumstämme wegschleppen, der andere…”. Ich ziehe es vor, nicht herauszufinden, wo für mich die Grenze zwischen Fund (tragbar) und Befund (nicht mehr tragbar) liegt. Doch auch Erdverfärbungen und Mauerreste zählen zu den “Befunden”, so dass ich den Begriff für mich als “Setting” übersetze. Jedenfalls wenden wir uns von den Erdschichten, Mauersteinen und Holzresten ab und den “kleinen” – und insbesondere für mich spektakulären – Funden zu.