Heute

Veranstaltungen

Heute

Rund um die Bischofsburg

Bischofsburg Speersort 10, Hamburg

Der archäologische Rundgang beginnt an einem der bedeutendsten Bodendenkmale Hamburgs: der Bischofsburg. Das ringförmige Turmfundament aus dem 12. Jahrhundert mit seinen 19 Metern Durchmesser ist das älteste erhaltene Steingebäude der Hamburger Altstadt. Warum das Fundament nach einem Bischof benannt ist und welche Funktion dieses gewaltige …

3.00EUR

Ausgrabung im Stadtzentrum Winsen

Auf den Spuren des alten Rathauses

Die Baustelle ist bezogen, die Arbeiten haben begonnen: Von Mitte Juni bis November führt das Archäologische Museum Hamburg wieder eine archäologische Ausgrabung im Herzen der Altstadt von Winsen durch. Das Grabungsareal liegt auf historisch bedeutsamem Gelände, denn der nördliche Kirchvorplatz birgt ein einzigartiges Bodendenkmal-Ensemble. An dieser Stelle befanden sich seit dem Mittelalter das Rathaus der Stadt und ein städtischer Glockenturm. Darüber hinaus war die Fläche zwischen Kirche und ehemaligem Rathaus bis zum Jahr 1829 mindestens 600 Jahre lang ein Friedhof. Die Archäologen hoffen nun, dem Boden an einem der geschichtsträchtigsten Plätze Winsens seine Geheimnisse entlocken zu können, bevor die Neubebauung des Areals startet: Im Rahmen der Innenstadtsanierung „Winsen 2030“ soll hier zukünftig ein Wasserspiel errichtet werden.

Was hoffen die Archäologen zu finden?

Die Altstadt von Winsen steht in den letzten Monaten wiederholt im Mittelpunkt der Stadtplanung. Aktuell soll der historische Ortskern der mehr als 850 Jahre alten Stadt im Rahmen einer Sanierung modernisiert werden. Dabei ergibt sich für die Archäologen die einmalige Gelegenheit, historisch bedeutsames Gelände zu erforschen. Schon die Voruntersuchungen des Archäologischen Museums Hamburg im März erwiesen sich als Volltreffer: Es wurden historische Mauer- und Fundamentreste sowie Bestattungen aus dem 18. und 19. Jahrhundert gefunden. „Das Rathaus, der Amtssitz des Stadtrates, stellte eines der zentralen Elemente einer mittelalterlichen Stadt dar. An dieser Stelle Winsens schlug über 700 Jahre lang das Herz der Stadt, und wir erwarten bei unseren Untersuchungen spannende neue Erkenntnisse zu deren Entstehung und Entwicklung“, sagt Dr. Jochen Brandt, Kreisarchäologe am Archäologischen Museum Hamburg. Mit modernster Grabungstechnik legen die Archäologen an dieser Stelle nun systematisch die Überreste des mittelalterlichen Stadtkerns frei. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich rund um den Kirchvorplatz viele Bauschichten übereinander aufgebaut, und der Boden unweit des früheren Rathauses hält für die Wissenschaftler immer wieder neue Überraschungen bereit.

Die Winsener Innenstadt – ein spannendes Geschichtsbuch unter der Erde

Die Grabung in der Altstadt lässt ein bisher unbekanntes Bild der mittelalterlichen Stadt Winsen entstehen, das aus archivalischen Quellen allein nicht zu rekonstruieren wäre. Historische Bausubstanz und schriftliche Überlieferungen vermögen nur einen kleinen Ausschnitt der Lebenswirklichkeit dieser Zeit zu vermitteln, zumal das Winsener Stadtarchiv im 16. Jahrhundert bei einem großen Stadtbrand vernichtet wurde und nur noch wenige Urkunden im Niedersächsischen Staatsarchiv existieren. Auch das erste in historischen Aufzeichnungen erwähnte Rathaus fiel 1585 einem Feuer zum Opfer, wurde anschließend aber wiederaufgebaut und 1627 im Dreißigjährigen Krieg erneut zerstört. 1629 ließ die Stadt ein weiteres Mal ein Fachwerkhaus errichten, das bis 1928 Bestand hatte. Es wurde allerdings schon im Jahr 1895 in seiner Funktion als Rathaus abgelöst und schließlich als Gaststätte und Finanzamt genutzt. Die Ergebnisse der aktuellen Ausgrabung haben für die Erforschung der Stadtgeschichte einen besonderen Wert und gewähren einen völlig neuen Einblick in die Entstehung der Stadtstrukturen.

 

Der Winsener Glockenturm

Im Rahmen der Ausgrabung gibt es noch zwei weitere Areale, die für die Wissenschaftler von besonderem Interesse sind: Direkt neben dem Rathaus hatte ein 1578 erstmals erwähnter städtischer Turm seinen Platz, in dem die Kirchenglocken hingen und der nach Zerstörungen mehrfach erneuert wurde. Dieser Turm hatte eine stolze Höhe von 50 Metern und war damit schon von weitem sichtbar. 1822 fiel er einem Blitzschlag zum Opfer und wurde 1837 abgebrochen. Die Fläche zwischen Kirche und ehemaligem Rathaus wurde außerdem bis 1829, also mindestens 600 Jahre lang, als Friedhof genutzt. Auch hier erhoffen sich die Wissenschaftler neue Erkenntnisse.

Informationen zur Ausgrabung

Das Archäologische Museum Hamburg führt die Grabung als diejenige wissenschaftliche Institution durch, die im Landkreis Harburg und in den als Denkmalbehörde eigenständigen Städten Winsen (Luhe) und Buchholz in der Nordheide die fachlichen Aufgaben der Bodendenkmalpflege wahrnimmt. Über die Fortschritte und Erkenntnisse der Grabung soll an dieser Stelle fortlaufend berichtet und Einblicke in das Geschehen ermöglicht werden.

Am 10.09.2023, dem Tag des offenen Denkmals, bietet das Archäologische Museum Hamburg mehrere Führungen über das Gelände an.

Grabungstagebuch

In die Tiefe: Erste Funde

Nach den ersten beiden Grabungswochen, zuerst bei großer Hitze, zuletzt bei Regen, hat sich das Team stellenweise bereits bis zu 70 cm tief in den Untergrund vorgearbeitet. Ausgegraben wird zunächst ein Areal im Bereich des ehemaligen Rathauses, in dem im Herbst die Pumpenkammer für das geplante Wasserspiel auf dem Kirchvorplatz entstehen soll. An dieser Stelle muss die Grabung bis zur Sohle aller archäologischen Schichten gelangen.

Bereits zu diesem Zeitpunkt sind zahlreiche Mauern freigelegt, die nach unserer vorläufigen Einschätzung zu dem Rathaus von 1629 gehören. Diese Mauern bilden Fundamente für Wände im Innern des Rathauses.

freigelegte Mauerfundamente aus roten Ziegeln im Untergrund

Das Grabungsteam legt nach und nach die festgestellten Mauern frei und fotografiert sie abschnittweise aus der Luft. Hier sind Innenwände des Rathauses von 1629 zu sehen, am unteren Bildrand hingegen eine Außenmauer. Das Format der Ziegel und der verwendete Gipsmörtel deuten darauf hin, dass dieses Außenwand älter ist und aus dem Jahr 1585 stammen könnte. Links am Bildrand ist ein Betonring zu erkennen, der in einen Fußboden aus Ziegelsteinen eingelassen wurde. Bis kurz vor dem Abbruch des Rathauses im Jahr 1928 wurde offenbar noch daran herumgewerkelt. 

Entdeckungen unter dem Eckermann-Denkmal

In den letzten Juni-Tagen wurde außerdem das Eckermann-Denkmal, das seit 1954 auf dem Kirchvorplatz stand, abgebaut. Dichter und Schriftsteller Johann Peter Eckermann (1792 –1854) ist der berühmteste Sohn der Stadt Winsen (Luhe). 

Die Einzelteile des abgebauten Eckermann-Denkmals (der berühmteste Sohn der Stadt Winsen (Luhe)), davor unser Grabungstechniker Willi Müller. Unter dem Denkmal fanden sich mehrere Skelette.

 

Auf dem Grund der Fundamentgrube des Denkmals, die mitten auf dem ehemaligen Kirchfriedhof liegt, fand das Grabungsteam des Museums erste Skelette. Mehrere Bestattungen wurden identifiziert: Teilweise sind die Grabgruben nur schwer anhand unterschiedlicher Verfärbungen im Boden zu erkennen. In drei Gräbern sind aber auch Skelette zu erkennen, die teilweise bei der Errichtung des Denkmals 1954 zerstört wurden.

Mauern, Ziegel und Klosterformate

Nach den ersten 14 Tagen der Grabung sind im Baulos 1 zahlreiche Mauern aufgedeckt worden. Nun geht es darum, deren Alter und ihr Verhältnis zueinander zu klären. Die besonders breite Mauer am oberen Bildrand und ein aus Ziegelsteinen gesetzter Fußboden gehören sicher zu einem älteren Rathaus von Winsen (vor 1629), die davon eingefassten Mauern stammen von dem 1629 errichteten Bauwerk.

Drohnenaufnahme der freigelegten Mauern im Erdreich
Verschiedene Mauerschichten, deren Backsteine in Format, Form und Materialzusammensetzung eine zeitliche Zuordnung erlauben.

Dass die Mauerzüge teilweise ohne Bezug zueinander errichtet wurden, zeigt dieses Bild. Die obere – jüngere – Mauer liegt, getrennt durch eine schmale Sauberkeitsschicht aus hellgrauem Sand, auf dem älteren Mauerstumpf. 

Für die Datierung und die Zuordnung zu den einzelnen Bauphasen sind die Formate der Ziegelsteine, ihre Anordnung in der Mauer und das Bindemittel zu untersuchen. Die obere Mauer in diesem Bild besteht aus etwas kleineren Ziegeln, die in Kalk-Sand-Mörtel gesetzt sind, die untere Mauer aus großen klosterformatigen Steinen in Gipsmörtel. Die roten Nägel sind Vermessungspunkte des Grabungsteams.

Archäologie: Ein Knochenjob, der Freude macht