Heute

Ausstellungen

Light my Fire – MENSCH MACHT FEUER 11.10.23-28.04.24 Archäologisches Museum Hamburg

LIGHT MY FIRE – MENSCH MACHT FEUER

11. Oktober 2023 bis 28. April 2024
Das Bedürfnis nach Licht in der Finsternis ist so alt wie die Menschheit selbst. Die ersten Hinweise auf die bewusste Erzeugung von Feuer lassen sich bereits in der Steinzeit vor etwa 500.000 Jahren finden. Die Sonderausstellung „LIGHT MY FIRE – MENSCH MACHT FEUER“ beleuchtet aber nicht nur die kulturgeschichtliche Bedeutung von Feuer und Licht, sondern auch den Fortschritt, den diese mit sich gebracht haben.

Harburg von oben

28. April 2023 bis 28. April 2024
Einmal wie ein Vogel das alte Harburg von oben betrachten – das können die Besucher in der Ausstellung des Stadtmuseums Harburg, in der historische Luftaufnahmen gezeigt werden.

Brigitte Nolden: Alte Elbbrücke, 2023

Brigitte Nolden – Parallele Welten

31. Mai bis 8. September 2024
Aus Anlass des 80. Geburtstages der Hamburger Künstlerin Brigitte Nolden zeigt das Stadtmuseum Harburg eine große Retrospektive ihres Schaffens.

Veranstaltungen

Heute

Ein klassischer Archäologe im Depot – eine Knochenkiste

Knochenkiste Miniatursarkophage Depot Museum Hamburg, Archäologie, Geschichte, AMH #amhde

Miniatursarkophage aus Marmor

Als klassischer Archäologe kennt man sich ja bekanntermaßen in erster Linie mit griechischer und römischer Geschichte und deren Funden aus. Wichtig ist hierbei, dass – je nach Universität und persönlichem Studienschwerpunkt – weniger auf das Provinzialrömische in Deutschland eingegangen wird, sondern dieser Bereich eher von den Vor- und Frühgeschichtlern behandelt wird. Folgerichtig kümmerte sich unser klassischer Archäologe, als er erneut unser Depot durchstreifte, natürlich auch nicht um diese römischen Funde, sondern um jene aus ferneren Gefilden wie Kleinasien. In diesem konkreten Fall soll es um eine Knochenkiste des 2. Jh. n. Chr. aus Marmor gehen, die in Devrek, im Norden der Türkei, gefunden wurde.

Bei diesem Objekt handelt es sich um einen 16,50 cm langen und 12,10 cm breiten Miniatursarkophag aus weißem Marmor. Er besteht aus einem kastenförmigen Unterteil, das architektonisch gegliedert ist. Was auf den ersten Blick wie einfache Rillen- oder Bandverzierungen aussieht, kann man als stilisierte Architektur verstehen. Das ergibt insbesondere im Zusammenhang mit dem Deckel Sinn, der höchstwahrscheinlich ein Dach darstellt. Man kann sogar einen Eck-Akroter erkennen, eine Giebelbekrönung, die in der griechisch-römischen Antike geläufig war. Sie tauchte insbesondere auf Tempeldächern, an dessen Scheitel und Ecken, auf, und konnte die Form von Tieren oder pflanzlichen Ornamenten annehmen. Oder eine eher unbestimmte Form wie hier. Wozu hingegen der runde Aufsatz, der wie ein Schornstein aus der Mitte des Giebels ragt, diente oder was er symbolisierte, ist unbekannt. Der Deckel kann in eine Vertiefung eingesetzt werden, sodass er passgenau auf dem Unterteil liegt. Interessanterweise fehlt dieser Vertiefung an einem der kurzen Seiten – vermutlich am hinteren Ende – die Kante, die den Deckel hält. Er kann also entweder nach oben abgenommen oder nach hinten weggeschoben werden.o.

Im Inneren des Miniatursarkophages haben sich laut Inventarbuch Knochenfragmente und Steine erhalten. Tatsächlich ist heute nicht mehr nachweisbar, ob diese Knochen, diverse Steine und ein marines Fossil wirklich in der Kiste aufgefunden wurden, da man bei Erdarbeiten auf das Objekt stieß. Um was es sich nicht handelt, ist Leichenbrand, also um die Überreste einer verbrannten Leiche. Warum ist das erwähnenswert? Weil es sich bei Brandbestattungen um eine typische römische Bestattungssitte handelte und weil man hier aufgrund der Tatsache, dass es sich um einen Sarkophag und Knochen handelt, durchaus auf eine Bestattung schließen könnte.

 

Knochenkiste Miniatursarkophage Depot Museum Hamburg, Archäologie, Geschichte, AMH #amhde
Inhalt der Knochenkiste: Kochen, diverse Steine und ein marines Fossil. © AMH, Foto: Torsten Weise
Gräberstraße in Pompeji
Gräberstraße in Pompeji an der Porta Nocera. Quelle: Mboesch, Pompeji-porta-nocera-necropoli, CC BY-SA 3.0

Wie haben die alten Römer denn ihre Verstorbenen bestattet?

Wie gesagt: verbrannt. Seit jeher und daher auch noch immer im 2. Jh. n. Chr., also in der Entstehungszeit unseres Objektes, verbrannten die Römer ihre Verstorbenen für gewöhnlich. Es gab zwar Ausnahmen, da der Aufwand an Holz für den Scheiterhaufen hoch war, aber die römische Sitte (das sog. mos Romanus) verlangte eine Einäscherung. Sklaven oder Kinder wurden der Kosten halber gerne unverbrannt bestattet. Körperbestattungen in Särgen oder Sarkophagen kamen in der Mitte des 2. Jh. auf und verdrängten die Brandbestattung.

Übrigens war es seit frühester Zeit Vorschrift, die Toten außerhalb des Stadtgebietes zu bestatten (egal auf welche Weise), weshalb sich teilweise ganze sogenannte Gräberstraßen bildeten. In Pompeii kann man heute noch die prächtigen Grabbauten sehen, die diese Straßen flankierten.

Und wie passt die Knochenkiste da jetzt rein?

Richtig. Zurück zur Knochenkiste. Das Wort „Knochenkiste“ ist die Übersetzung des griechischen Wortes „Ostothek“, welches aus Inschriften in Kleinasien bekannt ist. Genau dort, in der heutigen Türkei, befand sich nämlich zur römischen Kaiserzeit eine der größten Sarkophagproduktionsstätten der damaligen Welt. An verschiedenen Orten, allen voran Dokimeion (im antiken Phrygien, in der heutigen türkischen Provinz Afyonkarahisar), wurden Marmorsarkophage für das römische Reich hergestellt. Große wie kleine. Aufgrund der Deckelform, die sich mit vergleichbaren Stücken aus Dokimeion vergleichen lässt, wird für das Stück aus dem Depot ein Entstehungszeitraum zwischen 140 und 170 n. Chr. angenommen, eher sogar 140. Zu dieser Zeit war der „Dachdeckel“ gerade ein auslaufendes Modell und wurde durch klinenförmige Deckel ersetzt, welche die gesamte Ostothek also eher wie eine Kline, das römisch-griechische bettartige Sitz- und Liegemöbel für festliche Anlässe.

Unsere noch architektonisch gestaltete Ostothek besitzt an einer Schmalseite Einlasslöcher. Diese lassen vermuten, dass hier eine Tabula, also ein Namensschild des oder der Verstorbenen, angebracht gewesen sein mochte. Das gute Stück könnte so in einem sogenannten Columbarium präsentiert worden sein, einem Grabhaus, in dem – je nach Größe – bis zu mehrere Hundert Bestattungen Platz fanden. Hier standen verschiedene Urnen und Ostotheken so in Nischen, dass die angebrachte Tabula-Inschrift zu lesen war.

… wenn es sich denn um eine Bestattung handelt. Möglich wäre folgende Geschichte: Die Ostothek wird als das hergestellt, wofür sie gedacht wurde, nämlich, um die verbrannten Überreste eines Verstorbenen darin aufzubewahren. Irgendwann später (ob zu diesem Zeitpunkt bereits jemand in ihr bestattet worden war, lässt sich nicht sagen) wurde mehr oder weniger fachmännisch ein vertieftes Rechteck an einer der Schmalseiten eingearbeitet. Es sitzt nicht ganz mittig, sollte aber wohl mit seinen beiden in den Marmor gebohrten Löchern eine Tabula festhalten. Möglicherweise wurde erst jetzt jemand beigesetzt oder die Ostothek ein zweites Mal verwendet. Letzteres war nicht unüblich. Begräbnisse waren schon in der Antike kostspielig. Irgendwann danach könnten die heute als dazugehörig bezeichneten Objekte (Knochen, Sand, Steine, ein Fossil) in den Miniatursarkophag gekommen sein, entweder mutwillig oder einfach durch die lange Zeit, in der die Knochenkiste in der Natur herumlag.

Knochenkiste Depot Archäologische Museum Hamburg AMH,archäologische Funde
Knochenkiste mit Einlasslöchern an einer Schmalseite, vermutlich zur Befestigung eines Namensschildes. © AMH, Foto: Torsten Weise

Ohne genauere Untersuchungen ist die Geschichte dieser Ostothek nicht aufzulösen. Trotzdem interessiert uns Ihre Meinung, liebe Leserinnen und Leser. Wenn Sie eine Idee haben, wie die Verbindung von Objekt und Inhalt aussehen könnte, zögern Sie nicht, uns einen Kommentar dazulassen!.

Autor

Picture of Bent Jensen
Bent Jensen

Freier Mitarbeiter am AMH