Hamburg von oben – Ein historischer Rundflug
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Seit Juni 2012 finden im westlichen Bereich der Harburger Schloßstraße, im Vorfeld des I BA-Projektes Kaufhauskanal, archäologische Ausgrabungen statt. Bis Mitte 2014 wird eine Gesamtfläche von 1200 m2 untersucht. Das Areal liegt im Übergangsbereich zwischen Geest und Marsch im Niederungsmoor, in unmittelbarer Nähe zu EIbe, mittelalterlichem Rathaus und Schloss. Auf dem nördlichen, 23 m x 13 m großen Grabungsabschnitt des Untersuchungsgebietes wurde die alte Mooroberfläche in ca. 3,8 m Tiefe erfasst (vgl. AiD 1/2013, S. 47). Dementsprechend konnte sowohl die Erstbesiedlung als auch die Siedlungsgenese bis in das 18. Jh. lückenlos dokumentiert werden.
Rätselhafte Befunde wurden im südlichen Randbereich eines Grabens aufgedeckt, der auf einer spätmittelalterlichen Wurt ausgehoben wurde. Der ca. 1,8 m breite Graben verlief nahezu in ostwestlicher Richtung und überlagerte einen abgebrannten Pfostenbau des 14./ 15. Jh. Zur Nutzungszeit des Grabens war die Wurt unbebaut und diente wahrscheinlich als Marktplatz. Dafür sprechen sowohl Schriftquellen als auch die Befundsituation, insbesondere das Fehlen typischer Wohnhausbebauung.
Bei den fraglichen Befunden handelt es sich um korbähnliche, nahezu radial angeordnete Hölzer mit einem Durchmesser von ca. 30 cm und einer ebensolchen Höhe. Die Hölzer sind 1 cm x 6 cm groß und haben untereinander einen Abstand von 1 bis 2 cm. Die „Körbe“ standen senkrecht im Randbereich des Grabens und waren mit dem gleichen Bodenmaterial verfüllt wie Letzterer.
Die Lage im Graben, die Nähe zur Elbe, zahlreiche Funde von Angelhaken und Netzgewichten, ein in den Schriftquellen erwähnter Fischmarkt und die korbähnliche Struktur lassen einen Zusammenhang mit Fischerei möglich erscheinen. Hierbei ist die Deutung als Reuse, speziell als Korbreuse, möglich.
Korbreusen weisen jedoch überwiegend nahezu runde Hölzer und/oder kleinere Hölzer auf. Eine weitere Deutung wären Krebskörbe, deren Geflecht überwiegend aus rechteckigen Hölzern besteht, oder Fischkörbe. Um den Fang, seien es nun Fische oder Krebse, möglichst lange frisch zu halten, wäre eine Deponierung in Körben in einem wasserführenden Graben ideal gewesen. Insofern könnte diese Befundgruppe ebenfalls als Hinweis auf den aus Schriftquellen bekannten Fischmarkt dienen.
Archäologe und Grabungsleiter am AMH
Archäologie in Deutschland 2013
Ausgabe 4/2013
Aktuelles aus der Landesarchäologie, S. 44/45