Hamburg von oben – Ein historischer Rundflug
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Die Ausbreitung des Virus Covid-19 verändert unseren Alltag – auch den im Museum. Jetzt laufen die Uhren bei uns anders: Der Ausstellungsbetrieb ist durch die Schließung im Zusammenhang mit dem COVID-19-Virus zum Erliegen gekommen, viele Kollegen sind ins Homeoffice geschickt worden, nur eine kleine Kernmannschaft hält noch die Stellung in den Räumen des Museums. Auf den Fluren, wo sonst die Kollegen ganz selbstverständlich im täglichen Austausch waren, ist nun Stille eingekehrt. Doch dieser Eindruck täuscht: Hinter den Kulissen geht die Arbeit weiter – allerdings müssen alle traditionellen Aufgaben der Museumsarbeit – Sammeln, Forschen, Bewahren, Ausstellen und Vermitteln – gerade neu interpretiert und organisiert werden.
Bereits vor dem Beschluss der Stadt Hamburg, alle öffentlichen Kultureinrichtungen als Schutzmaßnahme vorübergehend für den Publikumsverkehr zu schließen, zeichnete eine Zuspitzung der Lage und Konsequenzen auch für den Betrieb von Kultureinrichtungen ab. Das Team informierte sich täglich, ob es neue öffentliche Auflagen oder Empfehlungen gab, die es umzusetzen galt. Die Direktion war täglich im engen Austausch mit den Behörden und anderen Museumsleitungen, um ein adäquates Vorgehen abzustimmen und geschlossen zu agieren. In dieser unvorhersehbaren und absolut herausfordernden Situation zeigte sich besonders deutlich, dass die Hamburger Museen und Kultureinrichtungen zwar miteinander um die die Aufmerksamkeit des Publikums buhlen, aber letztlich nicht Konkurrenten, sondern eine Gemeinschaft sind.
Auch wenn eine Einschränkung des Betriebs oder eine Schließung sich abzeichnete, kam der Entschluss für das Team des Museums – wie wahrscheinlich für die Kollegen und Kolleginnen in anderen Einrichtungen auch – abrupt und einschneidend im Trubel des Arbeitsalltags. Nachdem noch kurz zuvor Veranstaltungen mit hohem Publikumsinteresse stattgefunden hatten (wenn auch unter verschärfter Einhaltung der zu dieser Zeit noch angeratenen generellen Verhaltensempfehlungen für die Grippesaison), war am nächsten Tag schon alles anders. Noch am Wochenende wurde auf kurzem Dienstweg ein WhatsApp-Krisenstab im Team aufgestellt. Die Schließung auf offiziellen Beschluss hin wurde vorbereitet und umgesetzt.
Von jetzt auf gleich wurde dadurch unser Museumsalltag durcheinandergewirbelt. Pläne wurden spontan umgeworfen, Veranstaltungen, Führungen und Buchungen mussten abgesagt werden, Besucher informiert und Texte ausgearbeitet werden. Inzwischen hat sich alles „zurechtgeruckelt“, aber die Arbeitsweise hat sich doch verändert: Wir koordinieren unsere Abläufe nun hauptsächlich telefonisch, in Mails oder per Messenger, denn die meisten Kollegen sind nun zu Hause. Zunächst waren wir skeptisch, ob der allgemeine Museumsbetrieb „hinter den Kulissen“ so fortzusetzen ist – doch es funktioniert. Wenn natürlich auch mit Hindernissen. Dieser Text ist zum Beispiel im heimischen Wohnzimmer entstanden, nach einem telefonischen Brainstorming mit meiner Kollegin, die ebenfalls in ihren eigenen vier Wänden arbeitet.
Schon als sich die Krise abzeichnete, haben wir Kollegen uns gefragt, was für unsere Arbeit jetzt besonders zählt. Alle waren sich einig, dass dem Museum in dieser Situation eine besondere Bedeutung als öffentlicher Debattenort zukommt. Doch was kann Kultur in der Krise? Welche Strategien und Maßnahmen sind die richtigen während der temporären Schließung?
Um mit unseren Besuchern in Verbindung zu bleiben und die Kultur weiterhin zu ihnen nach Hause zu bringen, setzt das Museum mehr denn je auf seine digitalen Stärken. Niemand muss auf einen Besuch des Archäologischen Museums Hamburg und Stadtmuseums Harburg verzichten: Das Museum hat neben den zahlreichen bereits vorhandenen digitalen Angeboten noch zusätzliche Formate eingerichtet, die über amh.de abrufbar sind und zu einem virtuellen Besuch von zu Hause aus einladen.
Zum Beispiel die kostenlose Web-App „Kultur-Routen Harburg“, die mit dem neuen Navigationspunkt „Bleiben Sie gesund!“ aufwartet. Passend zum Thema #bleibtzuhause und #bleibtgesund werden hier seit Kurzem regelmäßig ausgewählte historische Fotos aus dem Archiv von fast menschenleeren Straßen, Plätzen und Innenräumen in Harburg gezeigt. Die Fotos ähneln auf paradoxe Art und Weise dem aktuellen Erleben des öffentlichen Raumes in Zeiten der Corona-Pandemie mit ihren Versammlungsverboten und Ausgangsbeschränkungen und regen gleichzeitig zum Nachdenken, aber auch zum Gedankenaustausch an.
So heißt es hinter den Kulissen und vor allem im digitalen Bereich #closedbutactive! Mit Hochdruck arbeitet das Team an Inhalten für den Blog, den Museums-Podcast sowie Facebook, Twitter und Instagram. Kolleginnen und Kollegen aller Arbeits- und Fachbereiche liefern hierfür Geschichten, Einblicke, Material und Ideen. Gemeinsam arbeiten wir daran unsere (nun eben ausschließlich digitalen) Nutzer auch weiterhin auf Entdeckungstour zur Archäologie Norddeutschlands und der Stadtgeschichte Harburgs zu schicken.
Bei aller Niedergeschlagenheit aufgrund von Corona, der Krisenmodus macht die Stärken des Museums und seiner Mitarbeiter sichtbar und er eröffnet neue Gestaltungsspielräume. Dabei helfen vor wie auch hinter den Kulissen viele bereits vorhandene digitale Werkzeuge, die über das Internet problemlos von zu Hause aus benutzt werden können. So machen wir weiter. Tag für Tag, bis die Krise überstanden ist. Und dann? Dann werden wir die positiven Erkenntnisse, die wir in dieser Zeit über die Museumsarbeit gewonnen haben, mit in die Zukunft nehmen. Aber natürlich wünschen wir den Tag herbei, an dem wir uns wieder regelmäßig sehen und direkt am Arbeitsplatz austauschen können – und an dem wir unsere Türen auch wieder ganz normal für unsere Besucher öffnen dürfen.
Pressereferentin des AMH