Hamburg von oben – Ein historischer Rundflug
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Kurator Michael Merkel wurde vom Museumsfernsehen über die unbekannte Schöne interviewt (Ausschnitt).
Diese Figur wurde im Bereich einer einstigen Behausung in einer Grube geborgen. In Kostenki waren die meisten der dort entdeckten Frauenstatuetten aus Mammutelfenbein in Gruben niedergelegt worden.
Den Kopf dieser weitgehend vollständig erhaltenen Figur ziert eine Kappe oder Frisur, aber er zeigt kein Gesicht, ist kugelig gearbeitet sowie leicht nach vorn geneigt. Die Oberarme sind dünn und liegen an den Seiten an, während Unterarme und Hände unter die schweren Brüste fassen. Der Bauch selbst tritt stark hervor, zudem sind Fettpolster auf beiden Seiten erkennbar. Vermutlich wurde eine schwangere Frau dargestellt. Das Schamdreieck wurde eingraviert, und die verhältnismäßig schlanken Beine verlaufen gerade nach unten. Auf der Rückseite ist über dem Gesäß ein breites, gekerbtes Band zu erkennen, das als Gürtel interpretiert wird.
Zwischen den Unterschenkeln und den rundlichen Füßen existiert eine Öffnung. Damit ist die Figur mit hoher Wahrscheinlichkeit als Anhänger anzusprechen. In diesem Fall würde die Frau allerdings mit dem Kopf nach unten aufgehängt worden sein, vielleicht um den Hals getragen als persönliches Amulett. Diese Frauendarstellung wirkt insgesamt naturalistisch und harmonisch. Aufgrund ihrer offensichtlichen Deponierung kam ihr mit Sicherheit eine hohe Bedeutung für die gravettienzeitlichen Menschen in Kostenki zu.
Text: Dr. Sibylle Wolf, Universität Tübingen
Fundort: Kostenki
Alter: ca. 25.000 Jahre
Epoche: Gravettien
Material: Mammutelfenbein
Höhe: 11,6 cm
Leihgeber: Kunstkammer St. Petersburg, Russland
Das Archäologische Museum Hamburg zeigte mit der Ausstellung „EisZeiten – Die Kunst der Mammutjäger“ (bis 14. Mai 2017) eine stattliche Anzahl originaler Meisterwerke der Eiszeitkunst aus der Zeit der Anfänge menschlichen Kunstschaffens. Insbesondere die herausragenden Funde aus den Sammlungen in Sankt Petersburg sowie die kleinen Elfenbeinfiguren der Schwäbischen Alb aus den Sammlungen der Universität Tübingen sind herauszustellen, da sie zu den ältesten Kunstwerken der Welt zählen.