Hamburg von oben – Ein historischer Rundflug
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Wir haben unseren klassischen Archäologen wieder durch das Depot streifen lassen. Dieses Mal ist er im „heimischen“ Mittelmeer geblieben, und zwar auf Zypern. Die dortige Keramikproduktion besitzt eine 7000 Jahren alte Tradition, aus der während der mittleren Bronzezeit eine Schnabelkanne hervorgegangen ist.
Dieses 16 cm hohe Tongefäß besitzt einen birnenförmigen Körper aus hellbraunem Ton, der mit Ornamenten verziert ist. Mit rötlich-brauner Farbe wurden am Hals Wellen- und Linienmuster aufgetragen, während auf dem Bauch Zickzackbänder und schraffierte webmusterartige Flächen zu sehen sind. Die Verzierungen verlaufen bis auf den Boden, beziehungsweise bis unter den Bauch, da das Gefäß über keinen Standfuß verfügt. An der Schulter befindet sich eine plastische Wölbung und ein Henkel, beides ebenfalls farblich dekoriert.
Abgesehen von der gemalten Dekoration ist das besondere Element der Kanne der namengebende „Schnabel“. Der Ausguss am Hals des Gefäßes wurde verlängert und umgebogen, so dass man den Inhalt beim Ausgießen vermutlich besser dosieren und lenken konnte. Da der Schnabel an diesem Exemplar teilweise abgebrochen ist, lohnt sich zur Anschauung der Vergleich mit einem ähnlichen Gefäß des Depots.
Auf Zypern wurde bereits seit den Anfängen der Kultur im Neolithikum um 7000 v. Chr. viel Keramik produziert. Bereits im 5. und 4. Jahrtausend v. Chr. wurden hier beeindruckende bemalte Werke geschaffen. Das ist unter anderem dadurch zu erklären, dass das Material Ton einfacher zu beschaffen und zu bearbeiten war als Marmor oder Stein. Wollte der Künstler einem Tongefäß einen zusätzlichen Henkel verpassen, konnte er ihn einfach anfügen. Bei einem Steintopf wäre das nicht möglich.
Die beiden Kannen aus dem Depot werden der sogenannten „White Painted Ware“ zugeordnet, also dem Typus der weißen, bemalten Keramik (so lautet die Klassifikation, auch wenn sich die Farbe des Tons unterscheidet und beim kleineren Gefäß weißer ist als bei dem größeren). Diese Art der Herstellung und Bemalung taucht in der frühen bis mittleren Bronzezeit (also etwa um 2000 v. Chr.) auf und lässt sich bis ins 6. Jahrhundert v. Chr. verfolgen. Die Linienmuster haben sich bis dahin zwar in figürliche Darstellungen gewandelt, aber die Technik ist die gleiche geblieben.
Bereits im 12. Jahrhundert kann man allerdings schon von einem Rückgang der Blütezeit der einheimischen Keramikproduktion sprechen, da zu dieser Zeit anspruchsvolle Tonwaren aus dem Rest der Ägäis auf die Insel gelangten und die einheimischen Töpfer und Maler (meist dieselbe Person) fremde Einflüsse übernahmen. Dennoch wurde stets Wert auf Keramik gelegt, und die Keramikproduktion Zyperns ist – bezogen auf die gesamte Geschichte der Insel – eine der umfangreichsten im Vergleich mit allen anderen Länder der Welt.
Die bereits zu Beginn erwähnte lange Tradition ist dabei keineswegs üblich. Noch heute wird in manchen Dörfern auf Zypern Keramik auf traditionelle Weise hergestellt. „Traditionell“ heißt in diesem Fall zwar wahrscheinlich, dass die direkten Vorläufer der entsprechenden Töpferwaren wohl aus der Zeit des Mittelalters stammen, aber die Formen, Verzierungen und generelle Kreativität zeigen, dass sie ihre Wurzeln in der Frühzeit Zyperns haben.
Welchen Nutzen konkret die Schnabelkanne aus dem Depot gehabt haben mag, ist nicht mit völliger Sicherheit zu sagen.
Es scheint wahrscheinlich, dass in dem Gefäß etwas aufbewahrt wurde, dass sparsam und/oder sorgfältig verwendet werden sollte, wie zum Beispiel Öl. Die Bemalung – die auch nicht auf jeder zypriotischen Keramik in dieser Sorgfalt zu finden ist – könnte zusätzlich darauf hindeuten, dass es sich um einen etwas „besseren“ Gegenstand gehandelt haben mag. Vielleicht war es das Äquivalent unseres „Sonntagsgeschirrs“. Genauso gut könnte es als Grabbeigabe gedient haben, da ein Großteil der Keramik der Insel in Bestattungen gefunden wurde.
Wie dem auch sei, der Autor findet dieses archäologische Kleinod – neben seiner interessanten Geschichte – vor allem ganz hübsch.
Freier Mitarbeiter am AMH