Hamburg von oben – Ein historischer Rundflug
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Corona-bedingt musste das Museum viele Wochen geschlossen bleiben. Doch dass kein Publikumsverkehr stattfand, heißt natürlich nicht, dass die Arbeit im Museum still stand. Was trieben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Archäologischen Museum Hamburg und Stadtmuseum Harburg also?
Neben den umfangreichen und intensiven Planungen von neuen Ausstellungen – im Moment laufen die Vorbereitungen zur nächsten Sonderausstellung im November über frühe Burgen in Hamburg auf Hochtouren – stehen natürlich die klassischen Aufgaben eines Museums Sammeln, Bewahren, Forschen und Vermitteln im Vordergrund.
Ein aktuelles Projekt, das in mit vielen dieser musealen Aufgaben in Zusammenhang steht und an dem ich arbeiten durfte, war die Übergabe der wertvollen Münzsammlung der Sparkasse Harburg-Buxtehude als Dauerleihgabe an das Museum. Das Konvolut besteht aus einer großen Auswahl von Silbermünzen der welfischen Herzöge von Braunschweig-Lüneburg, die in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in einer Harburger Münzstätte prägen ließen. Diese Sammlung ergänzt und bereichert den bereits vorhanden Bestand des Museums hervorragend und leistet einen großen Beitrag zur Dokumentation der Lokalgeschichte Harburgs.
Ich will euch hier einen kleinen Einblick geben, welche Arbeitsschritte folgten, nachdem die Münzsammlung zu uns ins Museum kam.
Zuerst werden die 400 Jahre alten Münzen von einem Restaurator in Augenschein genommen und eventuelle Verunreinigungen schonend beseitigt. Damit sie auch weitere hunderte von Jahren gut überstehen und um sie vor äußeren Einflüssen wie z. B. Verkratzungen zu schützen, werden die Münzen einzeln sicher verpackt.
Im nächsten Schritt erfolgt die Bestandsaufnahme und numismatische Bearbeitung: Jede einzelne Münze wird gewogen, vermessen und ihr Münzbild detailliert beschrieben. Die Legende (die Umschrift auf der Münze) wird aufgeschlüsselt und dokumentiert sowie der Erhaltungszustand festgehalten. Sie wird datiert und die Signatur des Münzmeisters kann sogar Aufschluss darüber geben, wer für die künstlerische Gestaltung und die Qualität des Münzmotives verantwortlich war.
Die Informationen, die aus Münzen gewonnen werden können, sind vielfältig. So gibt der aufgeprägte Nennwert nicht nur Aufschluss über das gegenwärtige Geldsystem, sondern gerade die detaillierte Untersuchung der unterschiedlichen Ausführungen inkl. möglicher Prägefehler erlaubt Rückschlüsse auf unterschiedliche Produktionsserien und -mengen. Die Abbildungen auf den Harburger Münzen entsprechen dem echten Portraitbild der Herzöge und die zeitgenössische Bildsprache zeigt, worauf es dem Prägeherrn ankam.
Den Schwerpunkt der Sammlung bilden die Münzen von Herzog Wilhelm von Braunschweig-Harburg (1564 – 1642), der 1616 die erste Prägestätte in Harburg einrichtete. Interessanterweise begann er mit der Ausmünzung von Doppelschillingen, dem bevorzugten Zahlungsmittel in den Elbstädten Hamburg, Altona und Stade, und nicht, wie in den welfischen Landen üblich, mit Groschen. Diese kaufmännische Voraussicht vereinfachte den Handel enorm und begünstigte den Zugang der Harburger Kaufleute zu anderen Märkten und umgekehrt.
1636 erbte der Herzog Anteile am Communion Harz, was ihm nun auch einen unmittelbaren Zugang zu den Silbervorkommen erlaubte und sich natürlich positiv auf seine Prägetätigkeit auswirkte. Er unterhielt Münzstätten in Harburg, Moisburg und Zellerfeld. Mit seinem Tod 1642 erlosch die Nebenlinie Braunschweig-Harburg, da er keine Nachkommen hatte.
Nach der gesamten Bestandsaufnahme werden die Münzen in einem letzten Schritt beidseitig von unserem Fotografen hochauflösend abgelichtet und die Bilder zusammen mit den Informationen aus der numismatischen Bearbeitung in das institutions- und museumsübergreifende Online-Portal KENOM („Kooperative Erschließung und Nutzung der Objektdaten von Münzsammlungen“) überführt. So können die Münzen aus Harburg einer breiten Öffentlichkeit gezeigt und für Forschungszwecke zugänglich gemacht werden.
Wissenschaftliche Mitarbeiterin am AMH